Destille

Destille

Foto: J. Müller

Kennen gelernt hatte er die arabische Entdeckung und die Prinzipien der Destillation auf den Kreuzzügen im Morgenland. Unmittelbar nach seiner Rückkehr gegen Ende des 13. Jahrhunderts begann er mit eigenen Experimenten. Der Begriff "Lebenswasser" trifft die hohe Wertschätzung, die Alkohol in der damaligen Zeit genoss, auf den Punkt. Bereits pur sah man ihn als eine Art neues Wunderelixier an. Dann aber ließ man darin alle möglichen Heilpflanzen mazerieren und setzte ihn erfolgreich als Medikament ein. Aufgrund seiner immensen medizinischen Bedeutung verbreitete sich auch die Herstellungsmethode schnell. Aber erst ab 1800 begann man allgemein, ihn nicht nur in einem Brenngang zu gewinnen, sondern zwei- und für reinen Alkohol sogar dreimal zu destillieren.
Im Elsass kamen die Schnapsbrenner von Anfang an auf ihre Kosten. Denn in dem milden Klima, das Wein- und Hopfenanbau ermöglicht, gedeihen auch Obstbäume vorzüglich, ob es sich nun um Kirschen, Zwetschgen, Mirabellen, Pflaumen oder Birnen handelt. Außerdem sind die Vogesen reich an Wildfrüchten. Sind die zuckerreichen Vogelkirschen, die dem berühmtesten Eau-de-vie der Region, dem Kirsch, zu seinem Ruf verhalfen, inzwischen auch höchst selten geworden, so gibt es doch immer noch Himbeeren, Walderdbeeren, wilde Brombeeren, aber auch Holunder, Vogelbeeren, Hagebutten oder die kleinen Beeren der Stechpalme. Sie alle eignen sich vorzüglich, um daraus Schnaps zu destillieren, was man auf zwei verschiedene Arten tun kann. Die ursprünglichere behauptet sich bei fast allem Stein- und Kernobst. Man maischt die Früchte ein und lässt sie gären. In der Regel befinden sich auf den Schalen ausreichend natürliche Hefen, so dass der Brenner nicht nachhelfen muss.

Diese sorgen dafür, dass sich der Fruchtzucker in Alkohol verwandelt und ergeben niedrigprozentige Obstweine. Im Brennkolben werden die Obstweine erhitzt. Denn das Prinzip der Destillation ist simpel. Es fußt auf der unterschiedlichen Verdampfungstemperatur von Wasser und Alkohol. Während ersteres sich bekanntlich bei 100 C in Dampf verwandelt, verflüchtigt sich Alkohol bereits bei 78,9 C. Aber nicht allein er. Auch die vielfältigen Aromastoffe steigen alle bei niedrigen Temperaturen und also mit dem Alkohol auf. Gemeinsam gelangen sie in den Kondensator, in dem sie abkühlen und sich erneut verflüssigen. In einem ersten Durchgang erhält man den 25-30% starken Rohbrand, der dann ein zweites Mal destilliert wird. Nur wird völlig klares Eau-de-vie aufgefangen, das mehr als 60% misst. So ist es nicht nur zu stark für den Gaumen, sondern auch zu rauh. Deshalb muss es altern. Und hier kommt nun die Philosophie des Brennmeisters ins Spiel. Manche pochen darauf, dass nur die Jugend die frischen Fruchtaromen bewahre. Andere rümpfen die Nase und sprechen von Komplexität und Finesse. Gute Qualitäten haben aber mindestens drei bis vier Jahre in Tanks oder Ballonflaschen geschlummert. Bessere reiften sieben bis zehn Jahre, und die hervorragenden Ausnahmen werden erst nach zwölf oder mehr Jahren für Nasen und Gaumen der Kenner und Sammler freigegeben.
Um aber auch aus besonders delikaten Früchten, deren Konsistenz fragil oder Menge zu gering ist, um sie zu Wein zu vergären, intensiv duftende Obstwässer zu destillieren, kennt man eine zweite Methode. Dafür gibt man die Früchte mit Alkohol zusammen und lässt sie längere Zeit mazerieren, so dass sich alle Aromen lösen. Im Anschluss daran kann destilliert werden. Auf diese Weise verfährt man nicht nur bei Walderdbeeren, Himbeeren oder Heidelbeeren, Holunder oder Vogelbeeren, sondern dieses Verfahren öffnet den neugierigsten und einfallsreichsten Brennmeistern weite Horizonte.

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Kathleen Brandt
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